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Lange Zeit gab es den Trend in der Hundefütterung das alle Futtermittel am besten nahezu zu 100 % aus Fleisch bestehen sollen, gar müssen! Denn der Hund ist ein Hund, eben ein Raubtier welches vom Wolf abstammt und der frisst ja bekanntermaßen keine Kartoffeln oder Nudeln oder Reis oder Gemüse oder eben nichts was kein Fleisch ist. Das stimmt schon mal nachweislich nicht. Es ist nachgewiesen das der Wolf sehr wohl, wenn auch keine Unmengen, aber in der Tat gezielt Beeren zu sich nimmt, auch schon mal Kräuter und Gräser, Nüsse und was man noch so findet.

Außerdem nimmt er den Mageninhalt seiner Beutetiere zu sich. In der Regel sind dies Pflanzenfresser wie Kaninchen, je nach Herkunft und Rudelstärke auch schon mal ein Reh oder ähnliches. Daraus entwickelte sich die „Barf-Bewegung“. Hier versucht man kurz und knapp ein Beutetier prozentual „nachzubauen“. Man nimmt z. B. 80 % tierischen Anteil, davon einen gewissen Anteil Muskelfleisch, ein weiteren Anteil Innereien, die sich wieder zu bestimmten Prozenten zusammensetzen, etwas Knochen und ggfs. Pansen. Die restlichen 20 % teilen sich Obst und Gemüse welche eben den pflanzlichen Anteil im Beutetiermagen, Fell, etc. ausmachen soll.

Ich möchte die Beutetieraufteilung gar nicht in Frage stellen, das wird schon passen und wurde mit Sicherheit schon x-fach überprüft. Aber trotzdem stelle ich mir bei diesen Modellen zwei Fragen:

1.     Frisst ein Wolf niemals etwas zwischendurch? Die Frage mag naiv klingen aber wenn ich in der Hundeernährung immer exakt ein Beutetier nachbauen soll muss ich also davon ausgehen das ein Wolf der mit seinem Rudel ein Reh gerissen hat sich beim Fressen exakt an diese Aufteilung hält und zu seinem Rudelnachbarn, der gerade am Rehherz nagt, sagt: „Hömma, geh mal beiseite, ich brauch noch meine 20 % Herz, sonst hab ich zu wenig”. Oder der andere Fall, wenn ein Wolf ein kleines Babykaninchen verspeist hat und zufällig an einem Rest Rehschenkel vorbeikommt, wird er diesen nicht nehmen, weil er dann zu viel Muskelfleisch hatte? Man geht also davon aus das ein Wolf immer ein ganzes Beutetier vertilgt und das ist einfach nicht richtig, jeder bekommt einen Teil…(wie erwähnt immer in Bezug auf den Lebensraum und die Rudelstärke)

2.     Haben wir denn einen Wolf zu Hause? Und das ist das, wie ich finde, deutlich stärkere Argument! Die Antwort ist nämlich: NEIN! Ganz und gar nicht und zwar schon sehr lange nicht mehr und das ist auch gut so. Auch wenn oder obwohl Hunde sich in ihrer DNA nur ganz geringfügig vom Wolf unterscheiden (der Unterschied ist in etwa übrigens genauso gering wie sich auch die DNA vom Schimpansen und Menschen unterscheidet). Wer nun laut schreit, “So, und genau deswegen ernähre ich mich wie meine äffischen Vorfahren”, der kann seinen Hund guten Gewissens genauso ernähren wie er es mit einem Wolf tun würde.

Nein, im Ernst, wilde Hunde haben sich vor mehreren tausend Jahren dem Menschen angeschlossen, sie wohnten in den Dörfern und fraßen das was weggeworfen wurde.

In aller Regel war dies kein Fleisch! Die Menschen fingen an den wilden Hunden ihre Reste zu überlassen, im Umkehrschluss schlugen die Hunde die im Dorf lebten an wenn Fremde oder auch Wölfe kamen.

Mensch und Hund profitierten voneinander, Hunde gingen mit zur Jagd, lange bevor man anfing zu züchten und Befehle, Kommandos oder Signale zu etablieren. Der Hund half auf mehrere Weisen. Er scheuchte Wild auf, beschützte aber auch in schwierigen Situationen. Dafür bekam er etwas von der Beute ab. Später wurden Hunde auch als „Reinigungskräfte“ benutzt, so durften sie sich dazu gesellen, weil sie z. B. die Ausscheidungen der Kinder zu sich nahmen und so das Dorf sauber hielten.

Auch wenn wir uns in der etwas jüngeren Vergangenheit umsehen, als die Hunde schon lange domestiziert waren, sehen wir was sie zum großen Teil zu Fressen bekommen haben.

Es ist im Übrigen noch immer nicht geklärt ob sich Hunde quasi selbst domestiziert haben oder ob es wie bei den meisten anderen Tieren der Mensch war.

Im orientalischen Raum z.B. hatte man ganz sicher kein Fleisch übrig, hier wurden die Hunde schon immer mit großen Mengen an Getreide ernährt. Genau das Gleiche in den südlichen Regionen aus denen wir gern Hunde retten - Spanien oder die Türkei z. B. Oft werden die Hunde auch heute noch in diesen Regionen mit Brot, Haferschleim und Ähnlichem ernährt.

Herdenschutzhunde haben generell sehr häufig ein Problem mit großen Fleischmengen. 

Immer wieder habe ich solche Exemplare in der Beratung die 80 % oder einen noch größeren tierischen Anteil in der Ration haben und die Halter nicht mehr weiter wissen weil der Hund immer dünnen Stuhl hat. Oft hat er auch Blähungen, es geht ihm nicht gut, das Fell sieht schlecht aus, etc. pp. Die meisten Halter sind ganz perplex, wenn ich dann sage das ich mir den Plan gern anschaue und überarbeite sie aber bitte offen für „neue Wege“ sein müssen. Oft schraube ich den Fleischanteil bei diesen Hunden auf bis zu 40 % runter, füge eine Kohlenhydratquelle hinzu und siehe da, die vorher zum Teil seit langer Zeit kränklichen Tiere blühen auf!

Bei Windhundartigen erlebe ich häufig ähnliches. Und frage mich immer wieder warum wir Menschen es nicht aus unserem Kopf bekommen…Der Hund ist ein Hund, KEIN Wolf!

Selbst hier in Deutschland können wir schauen was die Hunde früher bekommen haben. Fragt eure Großeltern was deren Hunde früher zu essen bekamen, Reste! In der Regel vom Tisch! Ganz nebenbei haben sie dadurch nicht die Weltherrschaft an sich gerissen 😀 Aber was hatten unsere Großeltern ganz sicher nicht häufig über? Richtig, Fleisch! Aber die Hunde sind in aller Regel sehr alt geworden.

Ich erlebe es in meinen Beratungen immer wieder, die Nierenproblematiken bereits im jungen Alter nehmen enorm zu. Und wenn man dann fragt was gefüttert wird lautet die Antwort immer wieder Fleisch! Fleisch pur, mindestens 80 % oder ein hochwertiges Trockenfutter, das mit 80 % Fleischanteil.

Ich möchte niemandem etwas vorschreiben, ich möchte mit diesem Artikel nur zum Nachdenken anregen. Ich weiß das sich einige Menschen enorm auf den Schlips getreten fühlen werden aber das braucht ihr nicht, denn eines haben wir alle gemeinsam, wir möchten das möglichst Beste für unseren Hund! Aber wir können ja alle voneinander lernen, gemeinsam schauen ob es auch andere Wege gibt und einfach mal offen für neue oder eigentlich ursprüngliche Wege sein.

Ich möchte auch auf gar keinen Fall sagen dass Kohlenhydrate das Nonplusultra sind. Das nun alle einfach mal das Fleisch durch Kartoffeln ersetzen, Nein. Aber was will ich?

Zum Nachdenken anregen! Ich möchte nur, das wir alle mal in den Napf unserer Hunde schauen und überlegen ob er diese Fleischmengen benötigt, ob es wirklich sein muss. Gibt es nicht Alternativen? Und ich meine auf gar keinen Fall das nun auf den nächsten Trend die vegetarisch / vegane Ernährung aufgesprungen werden soll. Der Hund ist u. a. ein Fleischfresser und er braucht Fleisch. Vielleicht nur nicht in diesen Mengen die wir uns überlegt haben.

Zum einen sollte man sich vor Augen führen das der Hund wirklich kein Wolf mehr ist und wie oben schon beschrieben im Grunde niemals wirklich diese Fleischmengen zur Verfügung hatte aber trotzdem schon diese lange Zeit überlebt.

Und was noch? Ein anderer Aspekt ist wie ich finde enorm wichtig, jeder muss für sich selbst entscheiden wie er damit umgeht aber Gedanken sollte sich jeder darum gemacht haben.

Seit wann gibt es denn diesen Hype eine möglichst hohe Fleischfütterung bieten zu können? Seit wir Menschen es uns leisten können! Warum können wir es uns leisten? Weil wir eine Intensivtierhaltung betreiben, Massen an Fleisch werden in einer Kürze produziert worüber man tatsächlich lieber nicht nachdenken möchte, es aber dennoch sollte! Vor allem wenn ich propagiere und argumentiere das ich meinen Hund ARTGERECHT ernähren möchte! Das ist sehr vorbildlich und sollte man möglichst tun, aber doch bitte nicht auf Kosten der Futtertiere. Möchte man nun aber diese Fleischmengen aus artgerecht gehaltenen Futtertieren füttern wird man schnell feststellen das Hundefutter richtig teuer ist! Und spätestens jetzt sollte man doch mal darüber nachdenken, sei es den Tieren zuliebe (und auch die Hundenieren werden einen gemäßigten Fleischkonsum begrüßen), dem eigenen Geld zu liebe, der Ökobilanz, oder oder oder.

In der Regel vertragen Hunde Kohlenhydrate* sehr gut, es gibt immer Ausnahmen die die Regel bestätigen aber es gibt viele Möglichkeiten in der heutigen Zeit.

*Bei nordischen Rassen sieht die Lage in der Tat etwas anders aus, diese Rassen kommen aus Regionen in denen es nie viel anderes gab als Fisch und Fleisch, diese Hunde benötigen in der Tat sehr häufig einen sehr hohen tierischen Anteil in der Ration, hier muß man sich langsam rantasten.

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  1. Hallo,
    Ich finde deine Gedanken sehr gut. Bin hier auf La Palma und werde in ca. einem Jahr, wenn die Voraussetzungen geschaffen sind, ein im Wald gefundenes Geschwisterpaar aus dem Tierheim adoptieren. Die mussten vorher schauen, wie sie überleben. Ein paar Eidechsen, ganz selten mal ein Kaninchen und sonst, keine Ahnung. Beim Ausführen knabbern sie gerne an Gras.
    Ich selbst esse allein schon wegen der schrecklichen industrialisierten Massentierhaltung wenig Fleisch und denke jetzt drüber nach, wie ich die beiden füttere.
    Ich denke auch, Fleisch war früher, als es zum Glück noch keine Massentierhaltung gab, für Mensch und
    Haustier , ein sehr besonderes Gut und so sollten wir es soweit es geht, auch weiter halten. Kann ja nicht sein , dass ich zugunsten des Hundes andere Tiere leiden lasse.
    Selbst Wölfe haben relativ selten Jagdglück und müssen für den Rest der Zeit halt schauen. Statt ausgedehnter Hungerperioden sind auch für sie Gemüse, Ei , verträgliche Kohlenhydrate, etc., was sich halt so findet, sicher schon immer die bessere Alternative gewesen.

    Viele Grüße Anette

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